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Radandrehspuren

Liegen an Pkw-Seitenflächen Schrammspuren von Felgen oder dunkle Antragspuren von Reifen vor, sind unter günstigen Voraussetzungen Aussagen zur Streifrichtung und in besonderen Fällen sogar zu den Relativgeschwindigkeiten der Fahrzeuge möglich.
Die Abbildung zeigt zunächst die prinzipiellen Zusammenhänge bei Streifvorgängen von Fahrzeugrädern bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Im oberen Fall ist das linke Vorderrad des vorbeistreifenden Fahrzeugs blockiert. Es kommt deshalb zu waagerecht verlaufenden Streifspuren des Rades am Fahrzeug. Verlaufen die Streifspuren dagegen bogenförmig, dann ist nicht von einem blockierten Rad auszugehen. Dabei können mehrere Fälle unterschieden werden. Verlaufen die Spuren, bezogen auf das gestreifte Fahrzeug, schräg nach vorne, dann war das vorbeistreifende Fahrzeug, auf der Abbildung also der abgebildete VW Käfer, schneller. Verlaufen sie bogenförmig schräg nach unten, dann war das gestreifte Fahrzeug, also der Audi 100 schneller.

Spurenlesen_11Auf den beiden Tafeln sind die mathematischen Zusammenhänge für die Entstehung von Radstreifspuren entwickelt. Die Bewegungslinie, die ein Punkt auf dem Radumfang des vorbeistreifenden Fahrzeugs an einer senkrechten Fläche beschreibt, kann durch die angegebene Formel beschrieben werden. Dabei zeigt sich, dass bei frei drehenden Rädern die Spurausbildung nur vom Geschwindigkeitsverhältnis der Fahrzeuge abhängt. Sind beide Pkw etwa gleich schnell, wie es beispielsweise bei einer seitlichen Autobahnkollision infolge eines Spurwechsels vorstellbar ist, dann „fräst“ sich das Rad förmlich in die Seitenwand des Pkw und hinterläßt dort einen kreisförmigen Abdruck.
Den weiteren Darstellungen auf den Tafeln lässt sich anschaulich entnehmen, wie sich die Verhältnisse ändern, wenn hiervon abweichende Geschwindigkeitskombinationen vorliegen. Je schneller das vorbeistreifende Fahrzeug sich an dem gestreiften entlangbewegt, desto mehr nähern sich die Streifspuren einem zykloidischen Verlauf an. Steht das gestreifte Fahrzeug, dann bilden sich an der Seitenwand Ausschnitte einer Zykloide (Rollkurve) ab. Ist umgekehrt das gestreifte Fahrzeug schneller, dann kommt es zu horizontal gespiegelten Verläufen. Interessanterweise stellt sich ein gespiegelter zykloidischer Verlauf gerade dann ein, wenn das vorbeistreifende Fahrzeug halb so schnell fährt wie das seitlich gestreifte.

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In der Praxis wird man derart klare Anstreifspuren an den Seiten von Kraftfahrzeugen wohl kaum vorfinden. Dies liegt zum einen daran, dass aufgrund der gewölbten Seitenfläche die Anstreifintensität unterschiedlich stark ist. Zudem setzen die Streifspuren aufgrund der im Schwellerbereich vorliegenden Bodenfreiheiten erst in einer Höhe von 30 cm ein. Dennoch geben die Tafeln E brauchbare Anregungen zur Auswertung von Anstreifspuren an Fahrzeugen. Bei der Fotodokumentation sollten deshalb derartige Spurenbilder in Zukunft mehr beachtet werden.

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