Als merkantilen Minderwert bezeichnet man den Wert, um welchen sich der ggf. nur theoretisch anfallende Veräußerungserlös des Fahrzeugs auch nach einer sach- und fachgerecht durchgeführten Reparatur vermindert. Für die Berechnung der Wertminderung existieren eine Vielzahl von verschiedenen Vorschlägen bzw. Modellen:
„BVSK MODELL“
ZUR SCHÄTZUNG DES MERKANTILEN MINDERWERTS
Das Rechenmodell „BVSK“ hat gegenüber anderen Rechenmodellen den Vorteil, dass es sich nicht starr an dem Rechenergebnis der Schadensumme (Reparaturkosten) richtet, sondern sich vorrangig an der „Schwere“ des Schadens aufgrund der Einstufung in die unterschiedlichen Schadenklassen orientiert. Demzufolge hat es bei diesem Modell keinen Einfluss, ob die Reparaturkosten mit den Werten einer preiswerten Werkstatt oder den zum Teil sehr hohen Werten einer Vertragswerkstatt errechnet werden.
Die Schadenschwere ( % Wert) als wichtigste Eingangsgröße wird in 7 Klassen unterteilt, innerhalb dieser Klassen ist dann noch eine Abstufung möglich. Der Rahmen, in dem die Schadenschwere die Wertminderung beeinflusst, liegt bei 0 % bis zu 8 % des zum Unfallzeitpunkt vorhandenen Wiederbeschaffungswertes. Je nach Schadenschwere wird dieser Wert festgelegt; er reicht vom Ersatz weniger Schraubteile (0 % – 0,5 %) bei Bagatellschäden bis zu sehr umfangreichen Schweiß- und Richtarbeiten mit Einsatz einer Richtbank bei kapitalen Unfällen (max. 8 % ). Dieses Modell orientiert sich also vorrangig an dieser Klassifizierung der Schadenschwere, daneben werden noch die Marktgängigkeit (M-Wert) und Vorschäden (k-Faktor) gewichtet. Als zweite wichtige Eingangsgröße ist für dieses Modell der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs inkl. der Mehrwertsteuer (WBV) zu ermitteln.
Starre Grenzen, die sich an fixen Laufleistungsgrenzen oder an einer starren Altersgrenze orientieren, sind bei diesem Modell also nicht vorhanden. Nach unserer Auffassung handelt es sich bei dieser Methode um Rechenmodell, das auch den aktuellen Fahrzeugen mit den tatsächlich zu erreichenden verhältnismäßig hohen Laufleistungen (250.000 oder auch mehr Kilometern) gerecht wird. Die Ergebnisse nach diesem Rechenmodell liegen bei angemessener Parameterwahl in der Größenordnung des tatsächlich am Markt verlangten Abzuges, sodass diese Formel gut geeignet ist, den merkantilen Minderwert an modernen Kraftfahrzeugen zu berechnen.
Als eine weitere Methode für die Schätzung der Wertminderung kann das „Hamburger Modell“ verwendet werden. In der Vergangenheit ist das Modell in die Kritik geraten, da es sich an starre Grenzen für die Laufleistung und dem Fahrzeugalter orientiert. Da es häufig nicht richtig angewandt wurde, wird dennoch nachfolgend das „Hamburger Modell“ erklärt.
„HAMBURGER MODELL“
ZUR SCHÄTZUNG DES MERKANTILEN MINDERWERTS
(Auszug von Dr. Haerendel: Von der Haftungsverteilung zum Schadensersatz; (OLG Hamburg, VersR 1981, 1186))
„… geht von bestimmten Prozentsätzen der Reparaturkosten aus. So liegt bei einer Betriebsleistung des Fahrzeugs zum Unfallzeitpunkte bis zu 20.000 km die Höchstgrenze der im Einzelfall angemessenen Wertminderung bei 30 %. Hat das Fahrzeug eine Laufleistung bis zu 50.000 km aufzuweisen, so kommt eine Wertminderung bis zu 20 % der Reparaturkosten in Betracht. Bei einer Laufleistung bis zu 75.000 km liegt jene Höchstgrenze bei 15 % und bei einer Laufleistung bis zu 100.000 km bei 10 %. Bei einer höheren Betriebsleistung entfällt dagegen ein Anspruch auf Ersatz für eine Wertminderung. Das gleiche gilt, wenn das Fahrzeug älter als 5 Jahre ist.
Außerdem muß noch das Verhältnis der auf Richtarbeiten entfallenden Lohnkosten zu den gesamten Lohnkosten, jedoch mit der Ausnahme der auf etwaige Lackierungskosten entfallenden, festgestellt werden. Dabei muß man wissen, daß die Vertragswerkstätten in ihren Rechnungen die Arbeitswerte (AW) anzugeben pflegen, nach denen sich die Lohnkosten berechnen. Die Formel für die Berechnung der Wertminderung sowie ein Beispiel werden unten behandelt.
Übrigens gelten die eben aufgezeigten Grundsätze nicht so ohne weiteres, wenn es darum geht, den merkantilen Minderwert eines Nutzfahrzeugs festzustellen. Bei ihnen überwiegt die normale Abwertung die durch einen Unfall eingetretene regelmäßig so sehr, daß man nur ausnahmsweise von einer unfallbedingten Wertminderung ausgehen kann. Das gilt insbesondere für Taxis, die einer enormen Abnutzung unterliegen.
Zahlenbeispiel
Quote aus Laufleistung 40.000 km => 20 % Quote
Ersatzteilkosten 2.000 Euro inkl. Kleinersatzteile lt. Gutachten/Rechnung
Arbeitslohn
(ohne Lackierung) 6.000 Euro (alle Karosserierabeiten inkl. Austauscharbeiten)
Auf Richtarbeiten
entfallender Arbeitslohn 1.500 Euro (nur Instandsetzungs- und Richtarbeiten)
Gesamtreparaturkosten = 2000 + 6000 = 8000 (ohne Lack und Nebenkosten)
Bei Laufleistungen von über 100.000 km beträgt oder ab einem Fahrzeugalter von mehr als 5 Jahren wird nach dieser Methode kein Minderwert mehr zugesprochen.