Häufig stellt sich nach einer Kollision zwischen einem Pkw und einem Fußgänger oder Radfahrer die Frage, in welchem Bereich sich die Kollisionsstelle befunden hat. Ist diese Kollisionsstelle nicht durch eindeutig zu zuordnende Spuren, wie Kratzspuren auf der Fahrbahn oder eine Spurunstetigkeit in der Bremsspur festgelegt, wird häufig versucht, eine Eingrenzung des Kollisionsortes nach dem Schrankenverfahren vorzunehmen.
Bei diesem Verfahren wird davon ausgegangen, dass direkt nach der Kollision alle an ihr beteiligten Objekte, also beispielsweise Scheinwerfersplitter, abgebrochene Außenspiegel, aber auch der Fußgänger oder Radfahrer die nachkollisionäre Geschwindigkeit des Pkw aufweisen.
Spätestens nach dem Auftreffen auf der Fahrbahn werden die verschiedenen Objekte jedoch wegen der unterschiedlich starken Reibung auch verschieden stark verzögert. Ein glatt geformter Kunststoff-Außenspiegel rutscht besser als ein Fahrrad mit seinen vielen herausragenden Teilen. Auf diese Weise führt die gleiche Anfangsgeschwindigkeit, abhängig von der Gestaltung und dem Material der Objekte, zu unterschiedlichen Endlagen. Leicht rutschende Teile finden sich ausschließlich in weiterer Entfernung von der Anstoßstelle als stark verzögerte Objekte. Da es über das „Rutschvermögen“ verschiedener typischerweise an Unfällen beteiligter Objekte zum Teil umfangreiche Versuche gibt, kann man versuchen, aus der Verteilung innerhalb der Unfallszene denjenigen Punkt zu ermitteln, an dem alle Objekte die geforderte gleiche (Kollisions-) Geschwindigkeit hatten. Hierzu wird ein Diagramm gezeichnet, in das der Geschwindigkeitsverlauf über dem Weg bis in die Endstellung für verschiedene Gegenstände, die Fahrzeuge und den Fußgänger oder den Radfahrer eingetragen werden.
Obwohl der Grundgedanke des Schrankenverfahrens einfach und einleuchtend ist, ergeben sich bei seiner praktischen Anwendung meist Schwierigkeiten. Zum einen sind alle Verzögerungswerte toleranzbehaftet, d.h., es gibt jeweils eine in Betracht zu ziehende Unter- und Obergrenze. Dieser Toleranzbereich ist bei wohldefinierten Reibungsbedingungen – beispielsweise Fahrzeug mit blockierten Rädern – klein; bei kantigen Gegenständen – beispielsweise Fahrrädern – werden jedoch in den Versuchen starke Schwankungen im Verzögerungswert beobachtet.
Zum einen unterscheidet sich die mittlere Rutschverzögerung vieler Gegenstände nur wenig. Die Kombination dieser beiden Umstände – toleranzbehaftete, wenig unterschiedliche Verzögerungswerte – führt in der Praxis dazu, dass der über das Schrankenverfahren ermittelte Kollisionsort nicht punktgenau angegeben werden kann.
Die „Lösung“ besteht im Gegenteil meist in einem viele Meter langen Bereich (auch innerorts meist mehr als 10 Meter), in dem der Kollisionsort gelegen haben kann. Deshalb sollten Gutachten, in denen eine genaue Lokalisierung des Kollisionsortes nach dem Schrankenverfahren oder überhaupt aus Endlagen erfolgt, kritisch betrachtet werden.