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Betrugsaufklärung mit Computerprogrammen

Ein neuer Trend bei der technischen Aufklärung des Versicherungsbetruges ist der Einsatz von Rekonstruktions- und Simulationsprogrammen. Mit diesen Hilfsmitteln können in der Unfallrekonstruktion tätige Sachverständige aus Unfallspuren und nach der Auswertung der Fahrzeugdeformationen Geschwindigkeiten berechnen. So ist es beispielsweise möglich, mit diesen Programmen Kollisionsgeschwindigkeiten zu bestimmen, wenn genügend Anküpfungsparameter vorliegen. Auch können damit Kurvengrenzgeschwindigkeiten oder ein Geschwindigkeitsabbau bei Auffahrkollisionen berechnet werden.

Die exakten Geschwindigkeiten sind aber nur in den seltensten Fällen zur Beantwortung der Frage, ob es sich um ein fingiertes Ereignis handelt, von Interesse. Aus der Rekonstruktion vieler realer Unfallereignisse ist bekannt, dass die Geschwindigkeitsschätzungen von Unfallbeteiligten und Zeugen meist nicht mit den tatsächlich vorliegenden übereinstimmen. Die zeitliche Kürze des Unfallereignisses führt in aller Regel dazu, dass die (vermeintliche) Erinnerung der Beteiligten stärker durch Rückschlüsse als durch konkrete Beobachtungen geprägt ist. Eine Ausnahme bilden Personen, die von Berufs wegen besser mit der Problematik “Verkehrsunfälle” vertraut sind. So lassen sich bei einer technischen Analyse regelmäßig zumindest kleinere Unstimmigkeiten in den Unfallschilderungen der Beteiligten aufzeigen. Es wäre absurd, hieraus den Beweis für ein fingiertes Unfallereignis abzuleiten. Erst wenn sich krasse Diskrepanzen zwischen dem geschilderten und dem rekonstruierten Ablauf ergeben (vgl. Beispiel Kettenauffahrunfall), kann dies als Hinweis oder Teilbeweis für ein fingiertes Geschehen interpretiert werden. Krasse Widersprüche lassen sich aber ebenso gut mit überschlägigen Berechnungen aufzeigen; es bedarf dazu keiner Nachkommastellen der Berechnung.

Grundsätzlich lässt sich sagen, dass alle Programme auf den in der Unfallrekonstruktion täglich verwendeten Formeln aufbauen. Sie können keine anderen oder besseren Ergebnisse liefern als manuelle Berechnungen ohne aufwendigen Einsatz von Rechnerprogrammen. Oftmals sind die hinter den Rechengängen versteckten Annahmen und Eingangswerte für Außenstehende nicht mehr nachvollziehbar. Eine beunruhigende Entwicklung auf diesem Sektor ist, dass sich Verfasser derartiger Computeranalysen oft hinter kryptischen Computerausdrucken verstecken. Sie präsentieren den «Beweis» des fingierten Geschehens in Form «eindeutiger» Computeranalysen. Die Überprüfung solcher Analysen fällt oft nicht leicht, da alle Eingabewerte, Vereinfachungen und programmspezifische Besonderheiten nachvollzogen werden müssen.

Häufig Muss man bei solchen Überprüfungen feststellen, dass das eindeutige Ergebnis an nicht haltbare Randbedingungen geknüpft ist. Das beste Hilfsmittel zur Analyse möglicherweise fingierter Unfälle bleibt der menschliche Verstand. Dieser besitzt gegenüber Computerprogrammen den weiteren Vorteil, dass alle Verfahrensbeteiligten darüber verfügen.

Einen durchaus sinnvollen Einsatz leisten Computer als Handwerkszeug bei Kompatiblitätsanalysen. Mit Hilfe von Bildverarbeitungsprogrammen lassen sich Vorschäden nachweisen, Masken von Fahrzeugkonturen überlagern und Fahrzeugkonturen durch eine Gegenüberstellung am Bildschirm miteinander vergleichen. Ein großer Vorteil dabei ist, dass die Ergebnisse sich in den Gutachten anschaulich präsentieren lassen. So haben alle Beteiligte die Möglichkeit, anhand der Ausdrucke die Arbeitsschritte nachzuvollziehen.

Beispiel einer “Metamorphose”
Das linke obere Bild zeigt einen Unfallschaden, der vor der Aufnahme rechts unten (zwei Monate später) laut Zeugenaussagen vollständig beseitigt gewesen sein soll. Durch Überlagern der Aufnahmen nach Angleichen der Perspektiven am Rechner zeigt sich in der Bildsequenz mit abnehmder Deckkraft des ersten Bildes ohne Zweifel, dass der Unfallschaden identisch ist. Es erfolgte nur eine Verstärkung des Schadens, nicht jedoch eine Reparatur. Der falsche Zeugenbeweis konnte widerlegt werden.

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Erster Unfall 100 % Deckkraft

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Zweiter Unfall 50 % Deckkraft Foto erster Unfall