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Motive

Motive für den Betrug

In den meisten Ländern wird die Schadenregulierung (Reparatur oder auch die Ersatzbeschaffung eines beschädigten Fahrzeugs) von der Versicherungsgesellschaft weitgehend vorgegeben. Im Unterschied hierzu hat in Deutschland, Österreich und der Schweiz das „Opfer“ eines Unfalls das Privileg, die Reparaturkosten einzufordern, ohne dazu verpflichtet zu sein, das Fahrzeug tatsächlich zu reparieren.

Die erforderlichen Reparaturkosten werden von einem Sachverständigen für Schäden und Bewertung ermittelt, der von dem Opfer ausgesucht werden kann. Oft genügt sogar der Kostenvoranschlag einer Werkstatt. In Deutschland lautet die übliche Bezeichnung für diesen Vorgang „fiktive Abrechnung“. Sie ist durch die BGH-Rechts­spre­chung trotz Europäisierung nach wie vor gedeckt.

Es liegt auf der Hand, dass ein Anspruchsteller hieraus keinen Vorteil ziehen kann, wenn er ein vor dem Unfall tadelloses Fahrzeug in einer Fachwerkstatt sach- und fachgerecht reparieren lässt. Wenn aber eine Reparatur nur teilweise durchgeführt wird, gebrauchte Teile eingesetzt werden oder die Reparatur in einer Hinterhof-Werkstatt realisiert wird, kann im Regelfall über die Hälfte der normalen Reparaturkosten eingespart werden, und das ist bei einem tatsächlichen Unfall völlig legal.

In zahlreichen aufgedeckten Betrugsfällen habe ich anhand der Geständnisse von Serientätern die tatsächlich aufgewendeten Reparaturkosten zu den fiktiv abgerechneten in Beziehung gesetzt. Dabei ergab sich bei zuvor nicht beschädigten und nach dem Unfall äußerlich tadellos reparierten Fahrzeugen ein Gewinn von durchschnittlich 80 %. Es wurde also nur 20 % der ausgezahlten Summe für die Reparaturausführung aufgewendet. Zusätzliche Gewinnmöglichkeiten liegen vor, wenn statt unbeschädigter Fahrzeuge bereits vorgeschädigte oder unzureichend reparierte Fahrzeuge eingesetzt werden.

Aufgrund dieser Möglichkeit der fiktiven Abrechnung werden von vielen Kriminellen Unfälle absichtlich herbeigeführt, in denen meist hochwertige Fahrzeuge eingesetzt werden. Solange die Versicherungsgesellschaft des „schuldigen Fahrers“ jedes Mal gewechselt wird, und zudem unterschiedliche Beteiligte auftreten, gibt es nur ein sehr geringes Risiko, durch Betrugssoftware, Checklisten und Warndateien aufgedeckt zu werden. Besonders in Großstädten gehen viele organisierte Betrügerbanden deshalb diesem einträglichen Erwerbszweig nach. Die vielen, jedes Jahr aufgedeckten Betrugsringe mit bis zu 100 Personen stellen noch nicht einmal die Spitze des Eisberges dar.

Aber auch Otto-Normalverbraucher profitieren ohne jegliches Schuldbewusstsein von Versicherungsbetrügereien. Um Geld nach einem selbstverschuldeten Schaden zu erlangen, ist es weit verbreitet, den Unfallbericht so anzupassen, dass eine Anspruchsgrundlage entsteht. Hier leisten die in direktem Kontakt mit den Geschädigten stehenden Versicherungsvertreter und –makler den Anspruchstellern oftmals noch Hilfestellung. Sie fassen eine Beratung in Sachen Versicherungsbetrug als Kundenservice auf.